Der Krieg zweier Welten hat begonnen – Teil 1
Trotz des atemberaubenden Tempos, das Präsident Trump hinlegt, sollte man das grosse Spiel nicht aus den Augen verlieren: Der Hegemon kämpft um die Vorherrschaft gegen eine multipolare, aber heterogene Welt. – Tektonische Gedanken zu einem Spiel, bei dem es um alles geht.
Peter Hänseler

Einleitung
Die Komplexität der Ereignisse ist überwältigend. Viele Kommentatoren konzentrieren sich auf Einzelereignisse und versuchen diese in ein Gesamtbild einzuordnen. Dieses scheint jedoch von vielen nur verschwommen wahrgenommen zu werden. Diese Artikelserie versucht unter Beizug von Historie und kühlen Fakten, mit einem breiten Pinsel den grossen Trend zu erkennen. Was Präsident Trump in den nächsten vier Jahren aufbauen oder zerstören wird, hat auf den grossen Trend einen bescheidenen Einfluss. Ich erinnere mich an eine Aussage von Noam Chomsky, dass amerikanische Präsidenten – ob demokratisch oder republikanisch – kaum einen messbaren Einfluss auf die generelle Stossrichtung der amerikanischen Aussenpolitik hatten.
Den Titel dieses Artikels habe ich bewusst gewählt: Nicht «Weltkrieg», sondern «Krieg zweier Welten», angelehnt an den Titel des Science-Fiction Romans «Der Krieg der Welten» von H.G. Wells, dessen 1897 publiziertes Werk sich um den Angriff von Marsianern auf das Vereinigte Königreich dreht.
In einem Weltkrieg bekämpfen sich Länder oder Gruppen von Ländern – heute jedoch prallen zwei Welten aufeinander, deren Strukturen nicht verschiedener sein könnten. Das ist der Grund, warum ich diesen Konflikt «Krieg zweier der Welten» nenne.
Auf der einen Seite finden wir den Hegemonen USA, der als Kolonialmacht den kollektiven Westen beherrscht. Auf der Gegenseite steht eine Welt, die multipolar ist und Unabhängigkeit vom starren Korsett des Hegemonen anstrebt. Der Globale Süden vereinigt 90% der Weltbevölkerung. BRICS ist jene Organisation, die diesen Gegenvorschlag einer wachsenden Anzahl von Ländern des Globalen Südens implementiert, der die Hauptgemeinschaft des Kollektiven Westens (G7) wirtschaftlich herausfordert und bereits überflügelt.
Als Folge dieser Stärke von BRICS richtet man bereits feindselige Aussagen an die Adresse von BRICS. Donald Trump äusserte sich bereits im Dezember, noch bevor er überhaupt im Amt war, aggressiv. Dies ist einigermassen überraschend, nachdem die gesamten westlichen Medien diese Organisation nie ernst nahmen, wenn sie diese denn überhaupt erwähnten. Ein weiterer Beweis dafür, dass die westlichen Medien komplett unzuverlässig und somit wertlos sind.
«Wir verlangen von diesen Ländern, dass sie weder eine neue BRICS-Währung schaffen noch eine andere Währung unterstützen, die den mächtigen US-Dollar ersetzen soll. Andernfalls müssen sie mit 100 %-Zöllen rechnen und sollten sich vom Verkauf an die wunderbare US-Wirtschaft verabschieden […]»
Die Vereinigten Staaten von Amerika nehmen im Rahmen der G7-Staatengruppe eine hegemoniale Stellung ein, während die multipolare BRICS-Organisation von China und Russland angeführt wird. Hierbei ist anzumerken, dass die Führung der BRICS-Staaten nicht in einer diktatorischen Weise erfolgt, sondern in einer Art und Weise, die den Grundsätzen einer multipolaren Organisation entspricht. Es ist zu untersuchen, welche der beiden Seiten sich langfristig durchsetzen wird. Es sei darauf hingewiesen, dass es sich um einen langfristigen Prozess handelt, der viele Jahrzehnte andauern wird.
Geschichte hilft zum Verständnis von tektonischen Verschiebungen regelmässig, da sich das Verhalten der Mächtigen nie ändert: Der Hegemon baut seinen Status auf, dann weitet er den Einfluss solange aus, bis die militärischen und finanziellen Mittel nicht mehr ausreichen. Danach verteidigt er sich mit allen Mitteln gegen Parvenüs, um dann unterzugehen. Die von Mark Twain formulierte These, dass sich Geschichte nicht wiederhole, sondern lediglich reime, erweist sich in Bezug auf das Verhalten der Menschen als unpräzise. Das Verhalten der Menschen bleibt konstant, während die Konsequenzen dieses gleichen Handelns aufgrund der unterschiedlichen zivilisatorischen Epochen, in denen diese Handlungen stattfinden, variieren können.
Viele Politiker, Medien und Publizisten scheinen sich darin einig zu sein, dass sich die Welt kurz vor dem 3. Weltkrieg befände. Falls dies zuträfe, wäre ein direkter Krieg zwischen den führenden Mächten USA, Russland und China zu erwarten. Ich bin nicht der Auffassung, dass der gegenwärtige Konflikt auf diese Weise ablaufen wird und werde versuchen, meine Ansicht mit fundierten Argumenten im dritten Teil stringent vorzubringen. Diese Aussage sollte jedoch nicht so verstanden werden, dass uns keine blutigen Konflikte über eine sehr lange Zeit bevorstehen, bzw. dass die bereits laufenden Blutbäder beendet und keine neuen begonnen würden. Ich gehe davon aus, dass der Menschheit eine sehr blutige Zeit bevorsteht.
In dieser Artikelserie werde ich Geschichte heranziehen, um die gegenwärtige Situation in eine gewisse Ordnung zu bringen und dann versuchen, den Ist-Zustand als Ausgangspunkt dieses epischen Konflikts zu beschreiben, um dann zu versuchen, den weiteren Verlauf zu erahnen.
In diesem ersten Teil beschreibe ich den kollektiven Westen.
Situation vor dem Weltkrieg (1914-1945)
In Bezug auf die Analyse der beiden Weltkriege des vergangenen Jahrhunderts ist es aus meiner Perspektive sinnvoll, die Ereignisse des Ersten und Zweiten Weltkriegs als eine Einheit zu betrachten und nicht als separate Entitäten. Der entscheidende Faktor, der diese beiden Konflikte zwischen 1914 und 1945 dominierte, waren nicht die imperialen Expansionsgelüste des Deutschen Reiches ab 1914 oder der Drang nach neuem Lebensraum unter Hitler, sondern vielmehr der Untergang Großbritanniens als Hegemonialmacht, der durch die USA ersetzt wurde.
Schulbücher, Geschichtsbücher und andere Publikationen im angelsächsisch dominierten Kulturraum sind sich bis heute weitgehend darin einig, dass der 1. Weltkrieg von den Deutschen verursacht worden sei und dass alle Parteien in diesen Konflikt geschlafwandelt seien. Christopher Clarks Buch «Die Schlafwandler», das vor gut 10 Jahren auf den Markt kam, gibt dieser Theorie der «Naivität und Dummheit» Auftrieb. Ich habe jedoch im Leben gelernt, dass Ergebnisse und Analysen, welche darauf beruhen, dass man von Dummköpfen umgeben ist, regelmässig falsch sind. Das Buch von Clark ist zwar sehr unterhaltsam und spannend geschrieben, verkennt jedoch, dass der 1. Weltkrieg in keiner Weise ungewollt durch Schlafwandeln, sondern kühl kalkuliert entfesselt wurde – vom Hegemonen, welcher die Sonne in seinem Imperium nicht untergehen lassen wollte. Ich mag mich noch gut erinnern, als ich während meiner Studienzeit in den USA vor über dreissig Jahren mit einem betagten, aber humorvollen britischen Offizier a.D. dinieren durfte. Sein Bonmot des Abends:
«I indeed saw the sun set down on the British Empire.»
Deutsch: «Ich habe tatsächlich gesehen, wie die Sonne über dem Britischen Empire unterging.»
Das Britische Weltreich hatte sich zu sehr daran gewöhnt, auf Kosten seiner reichen Kolonien zu leben, wurde träge und liess somit den Hunger vermissen, über den der 1871 geborene Parvenü Deutschland durchaus verfügte und in Sachen Industrie Massstäbe setzte, denen die Briten immer weniger entgegenzusetzen hatten. Diese Entwicklung wurde durch die Entwicklung des Eisenbahnwesens, das absehbar machte, dass die britischen Seehandelswege auf dem Land Konkurrenz bekommen würden (Berlin-Bagdadbahn), verstärkt.
Diese Meinung vertrat Halford Mackinder, ein britischer Geograf, der als erster Geopolitiker gilt, in seiner Herzlandtheorie (1904). Aus dieser Theorie formte sich die klare geopolitische Stossrichtung der Briten und später der Vereinigten Staaten. Von den USA wurde diese Stossrichtung zuerst von Zbigniew Brzesinski und dann von George Friedman weiterentwickelt und bildet heute eine Kernstrategie der USA. Dazu verweise ich auf zwei Artikel auf unserem Blog: «Angelsächsische geopolitische Strategie – unverändert seit 120 Jahren» von Karl Eckstein und «Die Teilung der Welt und der Gesellschaft in Gut und Böse» von Wolfgang Bittner.
Die Kernaussage Friedmans kann man folgendermassen zusammenfassen:
«Das primäre Interesse der Vereinigten Staaten durch das letzte Jahrhundert hindurch – also im Ersten, Zweiten und im kalten Krieg– sind die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland gewesen, denn vereinigt wären diese beiden die einzige Macht, die uns bedrohen könnte – und daher ist sicherzustellen, dass das nicht passiert.»
George Friedman
Diese Aussage ist von grosser Bedeutung und ist für das Verständnis der Konflikte des 20. Jahrhunderts und auch für das Verständnis des gegenwärtigen Trends von grosser Bedeutung. Wir kommen darauf zurück.
Der erste Teil des Weltkriegs wird losgetreten (1914-1918)
Die Briten hatten somit anfangs des 20. Jahrhunderts ein Zweifachproblem: (1) Sie konnten Deutschland bezüglich Forschung, Technik und Industrie das Wasser nicht mehr reichen und (2) sahen ihre durch sie beherrschten Seewege durch Landwege bedroht, auf welche sie keinen Zugriff hatten.
Sich in friedlichem, zivilem und fairem Wettbewerb zu behaupten, war den Briten als Hegemon zu anstrengend. Das Interesse des Hegemonen ist es ja gerade, nicht im Wettbewerb mit dem Rest der Welt bestehen zu müssen. Seine Vorherrschaft hält der Hegemon aufrecht, indem er seine Privilegien ausspielt (Durchsetzung seiner Leitwährung [Monopol], Kontrolle der Handelsrouten [Monopol], Plündern seiner Kolonien etc.).
Um diese Privilegien aufrechtzuerhalten, wendet der Hegemon regelmässig Gewalt an. Den Deutschen einfach den Krieg zu erklären, war jedoch nicht elegant, denn bereits zu diesem Zeitpunkt der Weltgeschichte hatte man als Aggressor ein Imageproblem, was sich nach dem 1. Weltkrieg zeigte, als das zum Schuldigen erklärte Deutsche Reich durch Versailles abgestraft wurde wie nie zuvor. Weiter lässt man beim Sterben im Krieg als Hegemon gerne anderen – auch Verbündeten und «Freunden» – den Vortritt.
Somit musste man es so einrichten, dass ein anderer den Krieg entfachte, um dann als «Retter für das Gute» einschreiten zu können. Weiter sollte dieser Konflikt nicht auf eigenem Boden stattfinden und wie bereits erwähnt, sollte der Blutzoll möglichst von anderen bezahlt werden.
Frankreich, welches das Zepter der Weltmacht hundert Jahre zuvor an Grossbritannien verloren hatte und sich immer noch wichtig nahm – wie auch heute noch – bot sich als Provokateur an, da die Franzosen über 40 Jahre nach dem 1870/1871 Konflikt immer noch grösste Verdauungsprobleme hatten, denn die Deutschen schlugen die Franzosen in diesem Konflikt nicht nur, sondern erniedrigten sie.
Naiv verhielten sich im Vorfeld des 1. Weltkriegs namentlich Deutschland, Österreich-Ungarn und Russland. Das Ergebnis war ein verheerendes Gemetzel mit 10 Millionen Toten. Zwar schafften es die Briten, dass andere einen viel höheren Blutzoll bezahlten, aber die britischen Verluste waren dennoch sehr hoch.

Für die Briten ging die Rechnung schlussendlich jedoch nicht auf. Obwohl Grossbritannien bezüglich Fläche der beherrschten Gebiete und Weltbevölkerung nach dem 1. Weltkrieg am grössten war (die Briten beherrschten 25% der Erdoberfläche und der Weltbevölkerung), kündigte dieses Abenteuer den Verlust des Hegemonenstatus bereits an.
Der zweite Teil des Weltkriegs (1939-1945) – Hitler von den USA und den Briten finanziert
Der grosse geopolitische Gewinner des 1. Weltkriegs waren die USA. Bis fast zum Schluss warteten die USA den Kriegsbeitritt ab und verdienten sich während des Krieges eine goldene Nase. Alle anderen Parteien wurden geschwächt und vier Imperien gingen unter: Das Deutsche Kaiserreich, Österreich-Ungarn, die Ottomanen und das russische Zarenreich.
Dieser Konflikt fand nach einer Pause von 20 Jahren seine Fortsetzung im Zweiten Weltkrieg. Die USA, welche kurz davorstanden, den Hegemonenstatus zu erreichen, finanzierten Hitler in Europa und provozierten die Japaner im Osten.
Die unappetitliche Rolle der Vereinigten Staaten und der Briten im Zusammenhang mit dem Aufbau des 3. Reiches wurde von Guido Giacomo Preparata in seinem Werk «Conjuring Hitler – How Britain and America Made the Third Reich» 2005 akribisch dargestellt. Die deutsche Ausgabe «Wer Hitler mächtig machte – Wie britisch-amerikanische Finanzeliten dem Dritten Reich den Weg bereiteten» erschien 2010 und ist nur schwer erhältlich. Interessantes Detail: Der Eintrag über Guido Giacomo Preparata wurde auf Wikipedia gelöscht – siehe pluspedia.org. Ein Hinweis darauf, dass er mit seinem Buch ins Schwarze traf.
Ähnlich erging es einem Buch von Carroll Quigley (1910–1977), einem US-amerikanischen Historiker und Professor für Geschichte an der Georgetown University. In seinem Werk „Tragedy and Hope: A History of the World in Our Time“ (1966) beschrieb er aufgrund von internen Dokumenten der anglo-amerikanische Elite, wie diese maßgeblich die geopolitische Ordnung beeinflusst hatte. Die Originalausgabe dieses Werks wurde eingestampft, der Verlag gekauft und anschließend dann von eben dieser Elite in einer entsprechend entschärften Version neu herausgegeben.
Die vorliegenden «Büchermorde» veranschaulichen einerseits den Aufwand, den die Eliten bereit sind, zu betreiben, um der breiten Öffentlichkeit die Wahrheit auch nach über 80 Jahren vorzuenthalten, und demonstrieren andererseits die Effektivität dieser Vorgehensweise. Die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung ist auch heute noch davon überzeugt, dass Kaiser Wilhelm II. den Ersten Weltkrieg verursacht hatte. Im Westen ist kaum jemand sich der Tatsache bewusst, dass Adolf Hitler ohne die Unterstützung der Briten und Amerikaner nie an die Macht gekommen wäre. In der Konsequenz sind diese beiden Akteure maßgeblich für das größte Blutbad in der Geschichte der Menschheit verantwortlich. Ein äusserst unbequemer Gedanke.
Das Ergebnis des Zweiten Weltkriegs – oder eben des zweiten Teils des Weltkriegs – festigte den Hegemonenstatus der USA vollends, indem wiederum alle ausser den USA verloren, wobei die folgende Verluststatistik von Statista.com mit Vorsicht zu geniessen ist, sich jedoch sehr wohl dafür eignet, Gewinner und Verlierer dieses Konflikts aufzuzeigen.

Nach 1945 – USA als Hegemon: Kriege und Misswirtschaft
Ein Traumstart
Wann die USA das Zepter als Hegemon übernahmen, kann man aus verschiedenen Blickwickeln betrachten, aber der Einfachheit halber nehme ich als Zeitpunkt das Ende des 2. Weltkriegs: Damals standen die USA als einzige Grossmacht ohne Kriegsschäden, ohne zivile Opfer, ohne nennenswerte Verluste an Soldaten, mit einer Industriemacht, welche 70% der Weltproduktion erbrachten[i] und einem Image als Retter da. Weiter verfügten die USA mit Bretton-Woods über ein Währungssystem, das sie komplett beherrschten. Besser hätte die Ausgangslage gar nicht sein können.
Operation Paperclip
Die USA bedienten sich am Ende des 2. Weltkriegs jedoch auch zweifelhafter Mittel, um ihre industrielle Vorherrschaft zu zementieren. Eines der geheimen Programme mit dem Namen „Operation Paperclip“ zielte darauf ab, deutsche Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker in die USA zu bringen. Dazu gehörten Personen wie Wernher von Braun, der später eine Schlüsselrolle im US-amerikanischen Raumfahrtprogramm spielte. Diese Wissenschaftler arbeiteten an Projekten wie der Raketenentwicklung (z. B. der V2-Rakete, die zur Grundlage für die spätere Saturn-Rakete wurde). Von Braun bediente sich während seiner Karriere in Nazideutschland Zwangsarbeitern aus Konzentrationslager; tausende kamen dabei um. Statt ihm den Prozess zu machen, wurde ihm und seinem Team in den USA der rote Teppich ausgerollt und er wurde für seine Rolle als Vater der Saturnrakete mit Medaillen und Ehrungen überhäuft. Operation Paperclip war jedoch nur die Spitze des Eisbergs.
Deutschland war nicht nur führend in der Raketenwissenschaft, sondern auch in verschiedenen Bereichen wie Chemie, Luftfahrt und Medizin. Die USA und die Alliierten wollten diese Innovationen nutzen. Zahlreiche Patente wurden beschlagnahmt, insbesondere durch die Allied Control Council Directive No. 10, die vorsah, deutsche wissenschaftliche und technische Errungenschaften für die Alliierten verfügbar zu machen. Millionen von Seiten technischer Dokumente und Patenten wurden aus Deutschland in die USA transferiert. Beispielsweise wurden Entwicklungen in der Chemieindustrie (Farbstoffe, Kunststoffe, Pharmazeutika) von Unternehmen wie IG Farben übernommen. Auch in der Luftfahrtindustrie, z. B. durch Entwicklungen der deutschen Firma Focke-Wulf oder Messerschmitt, profitierten die USA.
Dieser Knowhow-Transfer war Teil eines umfassenderen Bestrebens, Deutschland technologisch zu demontieren, während gleichzeitig dessen Wissen für die eigene Weiterentwicklung genutzt wurde.
Kriege, Putsche und Elend ohne Ende
Seit 1945 waren die USA in zahllosen Kriegen involviert, welche sie direkt oder indirekt verursachten – hier eine Auswahl der betroffenen Länder: Korea, Vietnam, Laos, Indonesien, Libanon, Kuba, Kongo, Dominikanische Republik, Kambodscha, Grenada, Libyen, Panama, Irak, Somalia, Jugoslawien, Haiti, Kosovo, Afghanistan, Jemen, Irak II, Pakistan, Somalia, Uganda, Niger, Ukraine. Dazu kommen zahllose Putsche- oder Putschversuche des CIA (z.B. Iran 1953) sowie zahllose Kriege verursacht durch die USA (z.B. Iran-Irak).
«Märchen halten einer Überprüfung der Fakten nicht stand – auch dieses nicht.»
Das Verhalten der USA ist das Verhalten eines Hegemonen. Man verkündet Freiheit und Demokratie, um unter diesem Deckmantel ganze Erdteile zu plündern und Länder, welche sich weigern, im Gleichschritt mit dem Hegemonen zu marschieren, komplett zu zerstören. Es ist mir ein Rätsel, dass die meisten Menschen im Westen das Märchen des freundlichen Hegemonen nicht nur glauben, sondern geradezu verinnerlichen – auch heute noch. Waren Märchen nicht für Kinder gedacht? Denn Märchen halten einer Überprüfung der Fakten nicht stand – auch dieses nicht.
Keine nachhaltige Finanzierung möglich
Diese Aussenpolitik kosteten den amerikanischen Steuerzahler Billionen und brachten den USA, bzw. ihrer Bevölkerung absolut nichts, ausser Billionen von Gewinnen für den militärisch-industriellen Komplex.
Die Kosten des Vietnamkrieges und des Great-Society-Projekts unter Präsident Johnson führten bereits 26 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs zu einem Kollaps des Bretton-Woods-Systems (Schliessung des Goldfensters durch Präsident Nixon im August 1971). Siehe dazu unseren Beitrag «BRICS – Serie – Teil 2»
Seither drucken die USA Geld, das sie nicht haben und das durch nichts unterlegt ist.

Das Ergebnis ist ein Schuldenberg, welcher unter keinen Umständen mehr abgebaut werden kann. Ich habe noch nie eine Berechnung oder einen Plan gesehen, wie man diese Schulden tilgen könnte. Man will es nicht, da es nicht möglich ist.
Allein der gegenwärtige Schuldendienst, d.h. die Zinszahlungen für die immerwährend steigenden Schulden beträgt über eine Billion Dollar pro Jahr, Tendenz steigend. Siehe unser Beitrag «Trump droht BRICS – grundlos. Diplomatie geht anders.»
Auf der Webseite Visualcapitalist.com wurde die Welt der Schulden eindrücklich graphisch dargestellt.

Die offiziellen Staatsschulden der USA sind horrend und machen knapp 35% der globalen Staatschulden aus (121% des US-Bruttosozialprodukts). Ich verwende das Wort «offiziell», da diese Zahl die sogenannten ungedeckte Verbindlichkeiten (“unfunded liabilities”) nicht beinhalten. Dieser Posten beinhaltet Verpflichtungen aus der Sozialversicherung und Medicare und beläuft sich auf weitere 80 Billionen US-Dollar. Weiter möchte ich darauf hinweisen, dass diese Zahlen sich lediglich auf die Bundesebene beziehen. Dazu kommen die Schulden der Bundesstaaten sowie der Städte und Gemeinden.
Die Schulden der USA – lediglich die offiziellen Schulden auf Bundesebene – sind bereits heute höher als nach dem 2. Weltkrieg. Der damalige Schuldenberg konnte – und auch dies war ein Kraftakt – abgebaut werden, da die USA industriell, finanziell und militärisch die Welt beherrschten.

Russland ist nachhaltig finanziert
Interessant in diesem Zusammenhang sind die Schulden Russlands. Gemäss Visualcapitalist.com betragen diese 0.43% (USA: 34.55%) der globalen Staatsschulden und 19.9% (USA: 121%) des Bruttosozialprodukts. Damit ist es das am wenigsten verschuldete Industrieland der Welt, wobei Russland als eines der wenigen Länder Vermögen aufweist, welche die Nettoschulden wohl gegen Null bringen. Wie die westlichen Medien bei dieser Faktenlage von einem wirtschaftlich instabilen Russland sprechen können, zeigt Hybris und Ignoranz.
Das Kolonialreich der USA
Welches sind die Kolonien der USA?
Die meisten Partner oder Verbündeten der USA sind nichts anderes als Kolonien. Siehe dazu etwa unser Artikel zu Deutschland «Deutschland – Staat ohne Souveränität im Wachkoma».
Das Kolonialreich der USA kann man grob als jene Staaten bezeichnen, welche die G7 bilden (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, USA), die EU, sowie Japan, Korea und Australien. Wir nennen diese Welt den «Kollektiven Westen». Frankreich ist meines Erachtens jedoch eine Ausnahme.
Die Bezeichnung dieser Länder als Kolonien ist mit der Prämisse verbunden, dass ein Land, auf dessen Hoheitsgebiet Truppen des Hegemonen stationiert sind, nicht als souverän bezeichnet werden kann. Die Bundesrepublik Deutschland beherbergt 40 Basen der US-Armee, Großbritannien 13, Italien 7, Japan 15, Korea 59 und Australien 1.
Eine Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang Frankreich. Als alte Kolonialmacht, welche vor kurzem ihre letzten Kolonien in Afrika verloren hat, zeigt es, dass es auch anders geht. In diesem Zusammenhang ist der Umstand von Interesse, dass Charles De Gaulle in den 1960er Jahren den Mut aufbrachte, die Amerikaner zu zwingen, ihre Basen auf französischem Boden zu räumen. Die Grundlage für diese Souveränität bildete die «Force de frappe» (französisch für «Schlagkraft»). Diese Bezeichnung steht für die unabhängigen nuklearen Streitkräfte Frankreichs. Ihre Etablierung erfolgte während der Präsidentschaft von Charles de Gaulle in den 1960er-Jahren mit dem Ziel, Frankreich eine eigene Abschreckungskapazität und strategische Autonomie zu sichern, die unabhängig von den USA und der NATO war. Die französische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik ist in hohem Maße von dieser Strategie geprägt.
Charles de Gaulle erkannte in den 1960er Jahren als erster, dass die Vereinigten Staaten von Amerika hinsichtlich des Bretton-Woods-Systems betrügerisch handelten, forderte die Rückgabe des französischen Goldes und löste somit die Ablösung dieses Systems ein. Es lässt sich somit festhalten, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg durchaus Zeiten gab, in denen europäische Führer sich gegen die USA behaupten konnten. Ein Beispiel hierfür ist die erfolgreiche Abwehr der Einflussnahme Präsident Carters auf die Gaspipelines mit Russland durch Helmut Schmidt. Allerdings unterstützte Schmidt auch den NATO-Doppelbeschluss (1979), der darauf abzielte, Mittelstreckenraketen mit Atomsprengköpfen in Europa zu stationieren, was ihn wiederum als Befehlsempfänger des Kolonialherrn erscheinen ließ.
Nicht nur die USA, auch ihre Kolonien sind pleite und somit gefährlich
Alle Länder des Kollektiven Westens stehen bereits aufgrund ihrer Schuldenberge wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand: In der EU betragen die Schulden in Relation zum Bruttosozialprodukt 83%; Japans Schuldenberg beträgt sogar schwindelerregende 251%. Früher wurde die wohlbegründete Meinung vertreten, dass ein Schulden/Bruttoinlandprodukt-Verhältnis nicht über 60% betragen sollte – so auch die Schuldenkonvergenzkriterien der EU. Heute scheinen diese Regeln geflissentlich übersehen zu werden, denn die Fakten zeigen ein katastrophales Bild. Möglicherweise sind einige etwas weniger pleite als die anderen, aber aus geopolitischer Sicht ist das Semantik. Somit gehen wir in diesem Artikel nicht auf die Details ein, sondern verweisen unsere Leser nach oben, wo wir einige Punkte – vor allem die Schulden der USA – beschrieben haben.
Selbstverständlich bemüht sich der westliche Kollektiv mittels seiner politischen Führungen und Medien ein Bild der Stärke zu vermitteln und – insbesondere durch die Person Donald Trumps – eine Stimmung des Aufbruchs zu erzeugen. Eine oberflächliche Analyse der ökonomischen Fakten zeigt jedoch, dass die vermittelten Bilder und Botschaften in keiner Weise zu rechtfertigen sind. Die nachfolgenden Ausführungen werden die Gefährlichkeit eines in die Ecke getriebenen Tieres beleuchten, das durch eigene schwerwiegende Fehler zusätzliche Kräfte freisetzt und somit eine signifikant höhere Bedrohung darstellt. Im dritten Teil, in dem der Ablauf und die Chancen der verschiedenen Parteien in diesem großen Spiel erörtert werden, werden neben der rein auf Zahlen beruhenden Wirtschaft auch die Qualität der Bildungssysteme, das technologische Niveau und dessen Entwicklung, der Arbeitswille und sogenannte «soft factors» in die Diskussion einbezogen werden.
Zwischenergebnis
Die Amerikaner als Führer des Kollektiven Westens befinden sich in einer durchaus vergleichbaren Situation wie das Britische Imperium vor dem 1. Weltkrieg. Die eigene Wirtschaft sieht übel aus, die amerikanische Industrie ist ein Schatten ihrer selbst und die Anhänger bzw. Kolonien des Hegemonen befinden sich wirtschaftlich ebenfalls in einem pitoyablen Zustand.
Dazu kommt die innenpolitisch instabile Lage vieler Verbündeter (Süd-Korea, das Vereinigte Königreich, Deutschland, Österreich, Frankreich, Kanada), da sich in vielen westlichen Ländern beträchtliche Teile der Bevölkerung von den Obrigkeiten veräppelt vorkommen. Die Lügengebäude, welche den Bevölkerungen in COVID-Zeiten vorgesetzt wurden, machten wohl den Anfang und haben der Glaubwürdigkeit der Regierungen erheblich geschadet. Die grüne Revolution wird nicht mehr mitgetragen. Das hat einerseits mit der Glaubwürdigkeit ihrer Narrative und auch mit den Kosten zu tun, da der Rest der Welt – auch die USA – sich davon abwenden. Schliesslich macht die Woke-Bewegung die Meinungsäusserungsfreiheit kaputt, wobei hier aus Washington Besserung angekündigt ist – es ist somit nicht immer alles negativ.
Der kollektive Westen ist somit gesellschaftlich und wirtschaftlich alles andere als gut vorbereitet auf einen Wettbewerb oder Konflikt mit dem Globalen Süden.
Im zweiten Teil dieser Serie wenden wir uns der anderen Welt zu – dem Globalen Süden und speziell der Hauptorganisation, welche diese Welt wirtschaftlich vertritt – BRICS. Im Gegensatz zur Zeit vor 1914 ist der Parvenü diesmal nicht ein Staat, welcher ganz nach oben will und danach trachtet, selbst zum Hegemonen zu werden. Die Situation ist beträchtlich beklemmender, denn zwei Welten prallen aufeinander. Der Aggressor ist nicht die aufstrebende Welt – der Globale Süden – sondern der untergehende Hegemon – die USA mit seiner Kolonialmacht. Die Geschichte wiederholt sich somit – leider.
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